Was sagen Gerichte zum Lüftungsverhalten?
Wenn in einer Mietwohnung Schimmel auftritt, dann streiten sich häufig Vermieter und Mieter über die Anzahl der zumutbaren Lüftungsvorgänge. In verschiedenen Gerichtsurteilen wurde inzwischen entschieden, dass folgendes Lüftungsverhalten zumutbar ist:
Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18):
Zwei bis dreimaliges Stoßlüften pro Tag für 10 bis 15 Minuten kann einem Mieter zugemutet werden.
Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 06.09.1997, NZM 1998, 571; Urt. v. 11.02.2000, NZM 2001, 39
Ein dreimaliges Stoßlüften ist jedem Nutzer einer Wohnung zumutbar, weil hierdurch "nur ein normales alltägliches Wohnverhalten verlangt wird"
Landgericht Berlin (Az. 65 S 400/15)
Mehr als sechsmal Stoßlüften pro Tag ist unzumutbar.
Landgericht Frankfurt (Az. 17 S 51/14)
Einem berufstätigen Mieter ist zuzumuten, seine Wohnung drei- bis viermal pro Tag Stoß zu lüften.
Landgericht Lüneburg (Az. 6 S 70/00):
Einem Mieter ist es auch nicht zuzumuten, mehrmals am Tag im Abstand von wenigen Stunden Stoß zu lüften.
Landgericht Kleve, Urteil vom 17.02.2003 - 6 S 329/01, WuM 2003, 142
Ist wegen des Raumzuschnitts keine Querlüftung ("Durchzug'') möglich, muss der Mieter die betroffenen Räume 3 mal täglich nicht nur 5, sondern 10 Minuten lang lüften.
Situationsgerechtes Lüften ist notwendig
Generell ist es jedoch so, dass das Lüften immer situationsabhängig durchgeführt werden muss. Wenn in einem Mehrpersonenhaushalt durch Baden, Duschen, Kochen, Wäschewaschen, Blumengießen oder sonstige Verrichtungen eine große Menge Feuchtigkeit in der Wohnung entsteht, dann muss deutlich mehr und häufiger gelüftet werde, als bei einer alleinlebenden Person, die berufsbedingt sich auch nur wenig in der Wohnung aufhält.
Aufklärung zum Lüftungsverhalten
Weiter ist es wichtig, dass ein Vermieter den Mieter bei Abschluss eines Mietvertrags über das notwendige Lüftungsverhalten aufklärt, am besten in schriftlicher Form.
Nach einem Fenstertausch muss das Lüftungsverhalten angepasst werden
Insbesondere nach dem Austausch von Fenstern kann eine Änderung des Lüftungsverhaltens notwendig werden. Bei alten Fenstern liegen meist erhebliche Undichtigkeiten vor, so dass durch die Fensterleckagen eine ständige Grundlüftung besteht. Wenn bei den neuen Fenstern durch bessere Dichtungsprofile diese Grundlüftung wegfällt, dann muss der Wohnungsnutzer dies durch zusätzliche manuelle Lüftungsmaßnahmen ersetzten. In solchen Fällen können gegenüber dem Zustand vor dem Fensteraustausch zusätzliche Stoßlüftungen notwendig werden.
Fensterfalzlüfter können die Lüftung unterstützen
Durch Einbau von sogenannten "Fensterfalzlüftern" kann die notwendige Wohnungslüftung unterstützt werden. Hierbei handelt es sich um kleine Klappen, welche in den Fensterfalz eingebaut werden. Diese Klappen sorgen dafür, dass auch während der Abwesenheit der Bewohner ein nutzerunabhängiger Mindestluftwechsel erfolgt, so dass das Risiko für Schimmelpilzbildungen reduziert wird. Zusätzlich müssen die Wohnungsnutzer jedoch immer auch eine bedarfsabhängige manuelle Stoßlüftung durchführen.
Welche Lüftungsempfehlungen aus Normen und Richtlinien gibt es?
Lüftungsempfehlungen sind unter anderem auch in folgenden Normen und Richtlinien sowie in Literaturempfehlungen enthalten:
- DIN Fachbericht 4108-8:2010-09
- Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen („Schimmelpilz-Leitfaden“)
- Energiesparinformation Nr. 8, Hessisches Ministerium für Wirtschaft und Institut für Wohnen und Umwelt, Hessen, 2004
- Bundesanstalt für Immobilienaufgaben
- DENA, Deutsche Energieagentur
Hinweis:
Der vorliegende Artikel stellt keine Rechtsberatung dar.
Bitte wenden Sie sich bei rechtlichen Fragen an einen Rechtsanwalt.
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