Situation
In einem größeren Mehrfamilienhaus waren an einer Dachterrasse Undichtigkeiten aufgetreten. Nach Durchführung einer Terrassenabdichtung stellten die Besitzer nach einigen Wochen neue Feuchteeintritte in das Gebäude fest.
Feuchtigkeitserscheinungen
Bei den von mir durchgeführten beiden Ortsterminen habe ich folgende Feuchtigkeitserscheinungen festgestellt:
Büroräume im 3. Obergeschoss:
In den Büroräumen im 3. Obergeschoss lagen beim Ortstermin keine Feuchteschäden vor. Laut Angabe sollen die ehemals an der Decke aufgetretenen Feuchteschäden im Zuge einer bereits vor den Ortsterminen durchgeführten Instandsetzung der Büros beseitigt worden sein.
Wohnräume im 4. Obergeschoss:
Die Fußböden aus Holzparkett wiesen in den einzelnen Zimmern teilweise Verfärbungen an den Stößen der Parkettelemente auf.
Prinzipielle Eignung der Abdichtung
Aus den mir vorliegenden Unterlagen gehen keine Angaben zu dem Typ des auf der Dachterrasse verwendeten Flüssigkunststoff hervor.
Im Oktober 2002 wurde die Leitlinie für die Europäische Technische Zulassung für „Flüssig aufzubringende Dachabdichtungen (ETAG Nr. 005)“ im Bundesanzeiger veröffentlicht. Nach einer Übergangsfrist von eineinhalb Jahren dürfen seit Mai 2003 nur noch solche Abdichtungssysteme, die von dieser Leitlinie erfasst werden, mit CE-Zeichen im Geltungsbereich der Europäischen Union in Verkehr gebracht werden. Ein Nachweis der Gebrauchstauglichkeit nach dieser Leitlinie, zum Beispiel in Form eines allgemeinen bauaufsichtliches Prüfzeugnisses, lag mir für die am betroffenen Objekt verwendete Flüssigabdichtung der Dachterrasse nicht vor.
Zuordnung der Verantwortlichkeit:
Vom ausführenden Handwerker muss der Nachweis geführt werden, dass die Flüssigabdichtung für den vorliegenden Anwendungsfall geeignet ist.
Undichtigkeiten
Bei meinen Ortsterminen habe ich festgestellt, dass die Abdichtung folgende Undichtigkeiten aufwies:
- Löcher an den Abdichtungsaufkantungen im Bereich der Terrassentüren.
- Löcher bzw. Risse in der Fläche der Abdichtung an Überlappungsstellen der Abdichtung.
- Von der Abdichtungsoberseite ausgehende Poren, welche die Abdichtung durchdrangen.
- Löcher in der Abdichtung an solchen Stellen, an denen sich Steinchen zwischen der Abdichtung und der darunter liegenden Bitumenbahn befanden und sich von unten durch die Abdichtung hindurch gedrückt hatten.
- Im Bereich der Geländerpfosten war die Abdichtung an die Hülsen angeschlossen worden. Eine Abdichtung der Hülsenoberkante, bzw. der Übergänge der Hülsen an die Geländerpfosten lag nicht vor. Hier waren Undichtigkeiten vorhanden.
- Löcher in der Abdichtung im Anschluss an das westliche Nachbargebäude.
Zuordnung der Verantwortlichkeit:
Die oben beschriebenen Undichtigkeiten an der Abdichtung beruhen auf Verarbeitungsfehlern und fallen in den Verantwortungsbereich des Verarbeiters.
Entwässerung
Im Verlauf der Untersuchung der Dachterrasse habe ich festgestellt, dass keine fachgerechte Entwässerung der Abdichtungsoberfläche vorlag. Insbesondere folgende Punkte verhinderten ein sicheres und zügiges Abführen des Wassers zur außenliegenden Kastenrinne:
- Teilweise war ein Gegengefälle vorhanden, das heißt, die Abdichtung wies ein Gefälle zum Gebäude hin anstatt ein Gefälle nach außen zur Kastenrinne auf. Das Gegengefälle betrug bis zu 0,7 %.
- In einzelnen Bereichen lagen lokale Vertiefungen bis zu 8 mm vor.
- Parallel zum Geländer war eine Falte (Wulst) in der Abdichtung vorhanden. Diese Falte stellte ein Hindernis für die Entwässerung der Terrassenfläche dar.
Zuordnung der Verantwortlichkeit:
Die oben beschriebenen Fehler an der Entwässerung der Dachterrasse beruhen auf Verarbeitungsfehlern und fallen in den Verantwortungsbereich des Verarbeiters.
Feuchtigkeit im Dachaufbau
Bei der von mir durchgeführten Öffnung der Abdichtung der Dachterrasse zeigte sich, dass an der Unterseite der Bitumenbahn, auf welche die Flüssigabdichtung aufgebracht worden war, Tropfenbildungen vorlagen. Hierfür kommen prinzipiell folgende Ursachen in Frage:
a) Wassereintritte von der Oberseite her durch Undichtigkeiten der Terrassenabdichtung.
b) Wassereintritte von unten durch Wasserdampfdiffusionsvorgänge aufgrund der fehlenden Dampfsperre unterhalb der Wärmedämmung.
Beide Ursachen können sich überlagert und gemeinsam zu den Wassereintritten in den Dachaufbau geführt haben.
Zuordnung der Verantwortlichkeit:
Die oben beschriebenen Wassereintritte unter die Abdichtung beruhen auf Verarbeitungsfehlern und fallen in den Verantwortungsbereich des Verarbeiters.
Windsogsicherung
Bei meinen Untersuchungen habe ich festgestellt, dass weder die Wärmedämmung an der Betondecke noch die Abdichtung an der Wärmedämmung verklebt war. Hinweise oder Angaben auf eine mechanische Befestigung der Bitumenbahn, auf welcher die Flüssigfolie aufgebracht worden war, lagen ebenfalls nicht vor. Auch eine ausreichende Sicherung der Abdichtung durch Auflast gegen Abheben durch Windsog bestand nicht. Hieraus schließe ich, dass die in den Flachdachrichtlinien aufgeführten Anforderungen an die Sicherung der Abdichtung gegen Windsog, nicht erfüllt sind.
Zuordnung der Verantwortlichkeit:
Die fehlende Sicherung der Abdichtung gegen Abheben durch Windsog fällt in den Verantwortungsbereich des Verarbeiters.
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